"Woraus Menschen leben"

 

Woraus Menschen leben"

 

Vortrag von Paul Reiner Zeck
am 14.3.07

 

Wer letztes Jahr schon in einem der damaligen Vorträge Herrn Zeck kennen gelernt hatte, der lies es sich auch dieses Mal nicht nehmen zu kommen, und so war der Festsaal im Albert-Knapp-Heim mit annähernd 70 Personen fast bis auf den letzten Platz besetzt.

Der neueste und mit vielen persönlichen Erlebnissen bespickte Vortrag war wieder mit entsprechenden Musikbeispielen unterbrochen und lud zum Innehalten ein.

Der Baum, oder besser gesagt, die Bäume wurden von Herrn Zeck als Symbol gewählt, als Symbol des Lebens und des Menschen, als Kraftquelle.

Eine Zusammenfassung der Ausführungen von Herrn Zeck:

Bäume bieten Schutz, bei Regen und Sturm, aber auch vor der Sonne. Sie sind Nahrungsspender durch ihre Früchte, sie verwandeln Kohlendioxid durch die Fotosynthese in Sauerstoff, sie liefern uns Bau- und Brennmaterial, ... - wir könnten ohne die Bäume nicht leben.

Zwei weitere Dinge sind wichtig bei den Bäumen:

  • sie sind verwurzelt in der Erde und finden dadurch Halt, selbst in heftigen Stürmen, und halten zugleich auch die Erde zusammen. Und über die Wurzeln zieht sich der Baum seine Nahrung aus der Erde, die er braucht, denn entwurzelt stirbt er.
    Übertragen auf den Menschen bedeutet das, dass auch wir nicht aus uns selbst leben können, sondern verwurzelt sind und eine mögliche Entwurzelung als sehr schmerzhaft erfahren. Wir sind nicht nur örtlich verwurzelt, wie der Baum, der nur einen Standort kennt, sondern auch sozial und geistig. Dies bietet uns auf der einen Seite Halt, lässt aber auch eine Beweglichkeit und Freiheit zu. Manche Menschen können einmal entwurzelt keine neuen Wurzeln mehr treiben. Aber letztlich brauchen wir die Erde zum Leben, und am Ende wird uns die Erde wieder aufnehmen als etwas zur Erde Gehörendes.

  • nach oben ausgerichtet und ausgestreckt, dem Himmel zugewandt, dem Licht und der Wärme entgegengestreckt, aufnehmend, und im Austausch Anderes abgebend, das tut ein Baum.
    Wir alle empfangen ebenfalls Licht und Wärme und dadurch strömt uns Kraft zu, ob wir im Austausch dafür etwas anderes abgeben, liegt an uns.

Wurzeln können hinab in einen Grund reichen, der alles trägt und unerschöpflich ist. Man könnte diesen Grund auch „Gott" nennen. Wer um diese Tiefe weiß, wer um Gott weiß, der kann sich aus diesem Urquell auch ständig erneuern, kann daraus Ruhe, Kraft und Lebensfreude gewinnen. Diese Tiefe macht keine Angst, sondern löst Angst auf, löst Ruhe und Frieden aus. Die Psalmbeter wussten darum.

Bäume sind schön, sie können durch ihre Schönheit Verehrung und Anbetung auslösen. Leben aus der Wahrnehmung von Schönem. Schönes sehen oder gar selber herstellen. Reichtum durch Schönes erleben, und dies trägt unter Umständen auch und gerade dann, wenn für uns dunkle und schwere Tage sind.

Auf den Blick kommt es dabei an, denn der liebende Blick kann sogar im Hässlichen, Schönes entdecken.

Wir sind auf diese tragende, ertragende, vergebende, hingebende und sich gebende Liebe angewiesen und brauchen besonders am Anfang und am Ende unseres Lebens besonders viel davon. In Familie und Freundschaften können wir diese Liebe erleben und geben, und werden davon aufgefangen und getragen. Fehlt sie, so wird dies als Schmerz empfunden.

Bäume waren und sind schon immer zentrale Figuren in Kunst und Literatur.

Sie stehen für ihre Beständigkeit, jedem Wetter trotzend oft über Generationen hinweg.

Doch was geschieht, wenn wir dies alles entbehren müssen? Woraus leben wir dann?

Dann hält uns die Hoffnung am Leben. Wir schöpfen Kraft aus der Hoffnung, dass es anders werden und kommen wird. Freude und Hoffnung können wir nicht wirksam selbst beschließen, die Hoffnung muss sich aus dem Glauben erschließen (z.B. Hiob).

Die Hoffnung erwächst auch aus unseren Erfahrungen. Die Erfahrung z.B. der Jahreszeiten, was bedeutet, dass jedes Frühjahr die Natur bzw. der Baum wieder Blätter, Blüten und Früchte treiben wird. Die Wurzel weiß nichts von der Helle und der Wärme, sie kennt die Blüte nicht, aber sie ist die Hoffnung, dass es einen Sinn hat, was sie tut. Damit wird sie zum Hoffnungssymbol.

 

Was ist, wenn ein Mensch weder Hoffnung hat, noch zugewandte Liebe erfährt? Hat und macht Aushalten einen Sinn?

Leben und auch Leiden kann sinnvoll sein. Sinn ist der Grundspiegel in den viel größeren Zusammenhängen.

Wenn wir Zweifel daran haben, ob unser Leben Sinn hat, dann können wir unsere Beziehungen durchgehen und durch unser Dasein in Beziehungen Sinn erschließen.

Dazu gehört ein großes Maß an Glauben. Glauben an tiefere Quellen und Zusammenhänge, und wer Augen und Herz öffnet, der findet Sinn.

 

Herr Zeck beendete seinen Vortrag mit der Aussage, dass seine Ausführungen über das Symbol der Bäume auch mit den biblischen drei Worten „Glaube - Hoffnung - Liebe", als die Kraftquellen aus denen wir leben, umschrieben werden können.

Und musikalisch? Da nahm der 3. Satz aus Beethovens 9. Sinfonie diese Aussage auf und rundete sie ab.

 

Sabine Horn